Gründen in der Krise

Einen Blogbeitrag zum Gründen in der Krise ist nicht einfach, um ehrlich zu sein. Wenn man bedenkt, wie viele Selbstständige (vor allem EPUs, Gastronomie und Handwerksbetriebe) nun nicht nur ins Wanken geraten, sondern massive Existenzprobleme, ja Ängste haben. Doch, es gibt sie, die unerschütterlichen Optimisten, die wieder aufstehen wie der berühmte Phönix aus der Asche. Die Unternehmertypen. Gerade die braucht das Land in Zeiten wie diesen. Das Land braucht Menschen, die nun anpacken, Dinge verbessern und modernisieren wollen und nie zuvor war der Startup-Spirit „make the world a better place“ aktueller denn je. Gerade jetzt und in Zukunft brauchen wir diese Menschen mit unerschütterlichem Innovations- und Veränderungsgeist. Und: natürlich auch deren Risikobewusstsein.

Business Pläne müssen umgeschrieben werden
Ein nicht unwesentlicher Teil eines Businessplanes erfordert auch die Auseinandersetzung mit unternehmensimmanenten Risiken. Allerweltsrisiken wie rückläufige Absätze und Umsätze, ausfallende Mitarbeiter, günstigere Konkurrenzprodukt oder etwa nicht erteilte Patente. Aber ein Virus war noch nie Teil eines Business Planes. Mit dem hat man nicht gerechnet. Wird man aber in Zukunft tun müssen. Eine Epidemie, ja sogar Panemie muß in Zukunft als Risikofaktor in jedem Businessplan Eingang finden. Und nicht nur in schönen Worten, sondern in Auswegsszenarien. Wie gehe ich mit solch einem fulminanten Existenzrisikio um. Mit diesen Fragen hat sich ein künftiger Gründer nun zu beschäftigen. Und vor allem, wie diese Krise hinsichtlich der Liquidität überstanden werden soll. Dies wird die Gretchenfrage sein.

Liquidität
Was die Krise nun zeigt oder gezeigt hat, ist, dass die Liquidität – die oberste Prämisse eines jeden wirtschaftlichen Handelns - nicht nur ein loses theoretisches Gebilde ist, sondern existenziell in jede Planung miteinzubeziehen ist. Das Cash-Flow-Statement ist im anglo-amerikanischen Raum obligatorisch im Jahresabschluss. Im europäischen Raum fakultativ. Finanzielle Überschüsse wurden hierzulande sofort wieder reinvestiert (was ja grundsätzlich negativ ist), finanzielle Rücklagen nur stiefmütterlich gebildet und behandelt. Nur um die Steuerlast zu reduzieren? Ich meine, daß Unternehmen, die viel Steuern zahlen müssen (natürlich kann über die Steuerquote diskutiert werden), ohnehin ein Luxusproblem haben. Hohe Steuerlast bedeutet gute Umsätze und Gewinne und einen guten Geschäftsgang. Steuern zu bezahlen heißt, einen gesunden Geschäftsgang zu haben. Liquide Rücklagen werden in Zukunft das Must-Have für Unternehmen sein, um derartige Krisen meistern zu können.

Kapital
Liquidität ist die oberste Prämisse. Rücklagen zu bilden, anstatt mehr oder weniger sinnvolle Steuersparinvestitionen zu tätigen, immens wichtig. Öffentliche Förderungen werden in den nächsten Jahren vermutlich reduziert werden (momentane Stützungsprogramme gehören finanziert und müssen irgendwann mal bezahlt werden). Privates Kapital (gerade für Gründer und Startups) wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Internationale Risikokapitalgeber werden auf den österreichischen Markt drängen (hier wird ein durchaus fruchtbarer Wettbewerb entstehen…zumindest meine Hypothese). Doch eines bleibt und das unterscheidet uns vom anglo-amerikanischen Raum auch aufgrund unserer überschaubaren Größe und Struktur: das Hausbankenprinzip. Auch wenn die Hausbank nicht immer oder immer weniger Kredite wahllos vergeben kann und darf, die Hausbank ist und bleibt der stabile Partner im unternehmerischen Leben.

Innovation
Die Coronakrise hat gezeigt, dass der Startup-Gedanke, Innovationen voranzutreiben, Neuem aufgeschlossen zu sein und auch zu nutzen, die Welt einfacher und besser zu machen, großteils massiv unterschätzt und geringgeschätzt wurde. Die österreichische Wirtschaft hat sich (rein innovationstechnisch gesehen) die letzten zehn Jahre in einem Dornröschenschlaf befunden. Während innovative Ideen und Unternehmen wie Amazon und generll das digitale Business die Märkte erobert haben. Wir wissen nicht erst seit vorgestern, dass es einen boomenden Online-Handel gibt auf den die Kunden (wir) vollends zurückgreifen. Eine nicht zu unterschätzende Anzahl der heimischen Betriebe war darauf nicht vorbereitet. Jene, welche einen Online-Handel/Shop (wenn auch mit mäßiger Begeisterung und Aufwand) betrieben haben, haben somit zumindest einen kleinen Teil der Einbußen kompensieren können. Fakt ist: Die Krise hat uns gezeigt, dass wir uns Innovationen, moderne Formen der Kommunikation, dem digitalen Business und dem veränderten Kauf- und Userverhalten nicht verschließen dürfen und dass wir – die österreichische Gesellschaft sehr wohl genauso innovativ sind wie Gesellschaften in anderen Ländern. Die Innovations- und Kreativitätsexplosion der vergangenen Monate ist der Beweis dafür. Jetzt gilt es diesen „Drive“ weiter zu verfolgen. Nicht wieder in den alten Trott zurückzufallen. Sich nicht wieder in sein Schneckenhaus zurückzuziehen. Wir müssen uns fortan mit anderen Märkten intensiver beschäftigen, Kreativität walten lassen (ja sogar sich kreativ sein zu trauen) und radikale Innovationen, welches auch Verhaltensänderungen mit sich bringt, zu setzen. Das kostet natürlich Geld und ein Return on Investment ist oft nicht sofort ersichtlich, sondern ist eine Frage der Geduld und Beharrlichkeit. Es gilt Dranzubleiben.

Kundenbindung
Marketing-Onlinetools erlauben uns ständig mit dem Kunden in Kontakt zu sein. Sie erlauben uns, direkt mit dem Kunden zu kommunizieren. Es ist ein Leichtes, digital am Kunden dran zu bleiben. Nun gilt es Konzepte aufzusetzen, um dies weiterzuführen und den Kunden an das Unternehmen zu binden. Eine Art Kundenloyalität zu erzeugen. Dienstleistung

Der Kunde ist von beherrschenden Playern im Onlinehandel verwöhnt worden. Reklamationen, Rücksendungen und Informationen wurden von beherrschenden Unternehmen beispielhaft umgesetzt. Online. Der Kunde fühlt sich angesprochen und persönlich wichtig genommen, obwohl anonym. Das ist wahre Kunst. Dies gilt es auch hierzulande umzusetzen und zu verinnerlichen. Behandle Deinen Kunden, wie Du selbst behandelt werden möchtest. Es gilt das uralte Sprichwort: Der Kunde ist König und wird es auch bleiben.

Politik
Dank der Politik wurden Rettungspakete für die heimische Wirtschaft und GründerInnen geschnürt. Dies hilft. Ist jedoch nur ein Tropfen auf den berühmten heißen Stein. Sehen wir es als Anschub oder Sicherung des Mindeststandards. Nun gilt es zu kämpfen. Um jeden einzelnen User, um jeden einzelnen Kunden. Ansätze wären beispielsweise eine regionale digitale und interaktive Plattform mit einem ganz starken USP – Verfügbarkeit innerhalb eines Tages und eine Riesenauswahl von heimischen Produkten und Dienstleistungen.

Coopetition

Alles oben gesagte wird höchstwahrscheinlich alleine nur schwer bewältigbar sein. Legen wir das berühmte Kirchturmdenken ab. Die Konkurrenz spielt sich nicht mehr zwischen Wels und Linz oder Wien ab. Die Konkurrenz ist weltweit. Österreichische Unternehmen sind für diesen Wettbewerb offenbar nicht stark genug gerüstet. Österreichische Unternehmen sind zum Teil auch zu klein und betreffend Liquidität zu schlecht ausgestattet dafür (Stichwort: Rücklagen oder auch öffentliche Unterstützungsmaßnahmen). Gehen wir doch Kooperationen ein. Auch mit dem unmittelbaren Mitbewerb. Coopetition ist das Zauberwort. Gemeinsam können wir den Gesamtwohlstand erhöhen. Und: lieber 80 Prozent von Vielem als 100 Prozent von Nichts zu erreichen. Aber das dafür langfristig.

Marketing
Das Thema Marketing wurde bis dato viel zu gering geschätzt. Das Statement „mehr Sein als Schein“ war oberste Prämisse. Der Rest der Welt denkt umgekehrt. Gute Produkte verkaufen sich nicht von selbst. Sie müssen kommuniziert werden. In Oberösterreich gibt es viele tolle Produkte, von denen man vielfach nicht weiß, dass es sie überhaupt gibt. Fazit: Marketingfehler. SEM/SEO-Marketing etc. ist heutzutage keine Option mehr. Hier muss Geld und Zeit investiert werden. Der langfristige Erfolg wird sich einstellen.

Gründungen und Startups
In Zeiten wie diesen gilt es umso mehr, genau auf die Bedürfnisse und die Probleme des Marktes zu schauen. Vielfach ist in der Vergangenheit der Fehler gemacht worden (und dies auch bei großen Unternehmen), erst Produkte, Dienstleistungen oder Apps zu erstellen und erst dann zu eruieren, ob überhaupt ein Bedarf vorherrscht. Umgekehrt ist der richtige Ansatz. Bei der Gründung: Sparen Sie Initialkosten. Miete beispielsweise. Hier wird der anfangs immer wieder belächelte Coworkingansatz immer mehr zum sog. Enabler. Ein großes Netzwerk zu günstigen Preisen zum Start des Unternehmens. Austausch mit Gleichgesinnten aber auch Konkurrenten (Coopetition). Auch wäre wieder die Politik in die Pflicht zu nehmen, solche Strukturen mehr und mehr zu unterstützen. Ein großer Impact mit verhältnismäßig geringem Budget.

Der allgemeine jetzt vorherrschende Trend, auf (ober)österreichische Produkte und Dienstleistungen muß genutzt werden. Auf diesen Zug müssen unsere Betriebe aufspringen. Hier gehört sämtliche Kraft investiert in den nächsten Monaten, um im Bewusstsein des Kunden verankert zu bleiben. Dann, jedoch nur dann gehören wir so wie die Big-Player dieser Welt auch zu den Gewinnern einer Krise. Noch war Innovationsgeist, Kreativität, Marketing und unternehmerisches Selbstbewusstsein so wichtig wie heute.

Welche Bereiche nun und in Zukunft geschäftlich interessant sein werden, wird sich in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren immer mehr herauskristallisieren. Neue Berufsfelder werden entstehen und neue Konzepte umgesetzt. Wenn wir ein paar Dinge beherzigen wird sich das momentan Bild der Krise sehr bald in eine Chance verwandeln. Nur müssen wir sie erkennen und beim Schopf packen. Es ist unsere Zukunft.